Neumarkter Immobilien Börse

Abnahme der Bauleistung bei Mängeln?

veröffentlicht am: 12.12.2016

Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) wird in Bauverträgen, an denen ein Verbraucher beteiligt ist, meist nicht einbezogen, sodass sich die Rechte des Bestellers bei Mängeln allein nach den gesetzlichen Bestimmungen des BGB richten. Bei der derzeit bestehenden Gesetzeslage bestehen Mängelrechte erst nach Abnahme der Werkleistung. Stellt also der Besteller im Zuge des Fertigstellungsprozesses bereits Mängel fest, ist er möglicherweise machtlos, da der beauftragte Werkunternehmer die Ablieferung eines mangelfreien Werkes schuldet und nicht die mangelfreie Erbringung irgendwelcher vertraglich nicht vereinbarter Zwischenschritte. 

Ein Mangel an der Bauleistung liegt dann vor, wenn die Werkleistung nicht den vertraglichen Vereinbarungen entspricht oder wenn sich die Werkleistung nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte oder die gewöhnliche Verwendung eignet, die bei Werkleistungen der gleichen Art üblich ist und vom Besteller nach der Art des Werkes erwartet werden kann. 

Werden bei Abnahme der Werkleistung Mängel festgestellt, bzw. sind diese bereits vor dem Abnahmetermin bekannt, stellt sich die Frage, ob diese Mängel wesentlich oder unwesentlich sind. Bei unwesentlichen Mängeln ist der Besteller gleichwohl zur Abnahme verpflichtet. Anders, wenn die Mängel als wesentlich eingestuft werden. Hier kann und sollte die Abnahme verweigert werden. Auch eine Vielzahl unwesentlicher Mängel berechtigt zur Abnahmeverweigerung. 

Es ist dringend erforderlich, dass der Besteller sich bei Abnahme die Rechte wegen bekannter Mängel vorbehält. Erfolgt dies nicht und kann der Bauunternehmer nachweisen, dass dem Besteller diese Mängel bei Abnahme bekannt waren, verliert der Besteller hinsichtlich dieser Mängel seine Mängelansprüche.  

Die Abnahme muss nicht zwingend als förmliche Abnahme dadurch erfolgen, dass eine gemeinsame Begehung stattfindet und ein gemeinsames Abnahmeprotokoll aufgenommen wird, in welchem die vorhandenen Mängel und noch zu erbringende Restleistungen aufgelistet werden. Einer Abnahme steht es gleich, wenn der Besteller die fertiggestellte Werkleistung in Gebrauch nimmt, zum Beispiel durch Einzug in das errichtete Einfamilienhaus und danach eine angemessene Prüffrist verstrichen ist. Man spricht hier von einer konkludenten Abnahme oder einer Abnahme durch schlüssiges Verhalten. Von einer Abnahme durch schlüssiges Verhalten kann aber nicht ausgegangen werden, wenn bereits im Vorfeld Mängel beanstandet wurden und daher zu unterstellen ist, dass der Besteller durch die Ingebrauchnahme der Werkleistung nicht zum Ausdruck bringen wollte, dass er diese als vertragsgemäß fertiggestellt betrachtet. 

Die Abnahmewirkungen treten auch dann ein, wenn der Besteller eine im Wesentlichen mangelfrei hergestellte Werkleistung trotz Fristsetzung nicht binnen angemessener Frist abnimmt, obwohl er hierzu verpflichtet ist. 

RA Tord H. Leichsenring

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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